China / Tibet 2010

Eine Reise im Spannungsfeld zwischen pragmatischem Kommunismus und tradierter Religion

Von Mitte Juli 2010 hatten meine Frau und ich eine 24-tägige Reise China/Tibet/Yangtse gebucht. Die Route führte unsere Reisegruppe von Peking über Lhasa, Tsetang, Gyantse, Shygatse, Kunming, Chengdu, Wuhan nach Shanghai.

Die zur Verfügung stehende Zeit von 3 1/2 Wochen war mehr als ausgefüllt mit Höhepunkten wie dem Kaiserpalast, der zweitägigen Bahnfahrt Peking-Lhasa, dem Potala-Palast, dem Karo-La-Pass mit 5050m Höhe, den Städten Gyantse und Shigatse in Tibet sowie Kunming, Chengdu und Wuhan in Südchina. Einen zwiespältigen Eindruck vermittelte die dreitägige Yangtse-Kreuzfahrt mit dem gewaltigen Kraftwerksstaudamm. Den Abschluss hat die Metropole Shanghai gebildet mit der bekannten Skyline und dem ältesten Teehaus Chinas.

Die Geschichte Chinas ist genauso beeindruckend wie die von Tibet. Während es von China aus der Shang-Dynastie ca. 1570 v.Chr. bereits die ersten Schriftzeugnisse gibt, gehen die schriftlichen Aufzeichnungen in Tibet auf das Jahr 620 n.Chr. mit dem ersten Herrscher Songtsen Gampo zurück. Die zuvor herrschenden Naturreligionen wurden vom Vajarayana-Buddhismus abgelöst, aus dem die Dalai Lama Dynastien erwachsen sind. Die theokratische Staatsform mit dem größten funktionierenden Klostersystem der Welt hatte sich bis 1950 gehalten. In der wechselvollen Geschichte, in der vom 6. bis zum 10. Jahrhundert die Macht Tibets bis an den Ganges und die Mitte Chinas reichte, war Tibet während der mongolischen Yuan-Dynastie ab ca. 1280 das erste Mal dem chinesischen Reich eingegliedert. Nach ca. 1370 war Tibet wieder unabhängig, bis es Anfang des 18. Jh. in mongolische und 1723 in chinesische Abhängigkeit geriet.

Den Sturz der letzten chinesischen Kaiserdynastie nutzten die Tibeter 1912 mit der Vertreibung chinesischer Soldaten aus Lhasa und der Unab-hängigkeitserklärung des 13. Dalai Lama. 1949 hatten die Kommunisten in China die Macht übernommen und 1950 sind Truppen völkerrechtswidrig und gegen heftigen Widerstand einmarschiert. 1951 wurde Tibet autonome chinesische Provinz. Ab 1956 eskalierte der Widerstand und 1959 ist der 14. Dalai Lama mit ca. 100.000 Tibetern nach Indien ins Exil geflohen. Bereits in diesem Jahr hat die Zerstörung von Klöstern und Verschleppung von Kulturgütern begonnen, die während der "proletarischen Kulturrevolution" 1966 - 1976 ihren Höhepunkt erreichte: Die Zahl der Klöster und Kulturstätten wurde nach chinesischer Einschätzung von 2463 auf 10 verringert. Nach 1980 hat die chinesische Regierung als Wiedergutmachung mit der Wiedererrichtung vieler Klöster begonnen und auch ein Klosterleben wieder zugelassen.